Interview mit Helmut Hack (Journalist, High End Experte) - guerilla audio

Entwickler Interview Helmut Hack

Hallo Helmut. Kannst du kurz den Werdegang skizzieren, der dich zum HiFi geführt hat?

Gerne. Mit ca. 13 Jahren fiel mir auf, dass „Stop Making Sense“ von den Talking Heads aus meiner Kompaktanlage längst nicht so druckvoll klang, wie über die billige PA im Keller des Jugendzentrums. Das fand ich interessant, ich las gängige Fachzeitschriften und wurde Dauergast in zwei örtlichen HiFi-Läden. Schrittweise erarbeitete ich mir durch Ferienjobs eine ordentliche Stereoanlage aus Einzelkomponenten, inklusive eines damals noch sehr neuartigen Abspielgeräts für Compact Discs, die immerhin Herbert von Karajan als „Wunder“ bezeichnet hatte. In meinen Ohren klang das aber gar nicht so wundervoll, weshalb ich überwiegend der analogen Schallplatte die Treue hielt. Ich war Gelegenheits-DJ und baute als Teenager erste Lautsprecher, schlug dann aber mit einem Studium der Germanistik und Geschichte einen anderen Weg ein, der mich sozusagen schicksalhaft Jahre später wieder zurück zur HiFi-Leidenschaft bringen sollte: Seit fast zwei Jahrzehnten bin ich als Fachredakteur für verschiedene Publikationen tätig. 2020 gründete ich aus einer gewissen Müdigkeit über die Gleichförmigkeit des Marktes für Einsteigerlautsprecher heraus die Lautsprecher-Manufaktur guerilla audio.

Bist du Musikliebhaber oder reizt dich ausschließlich der technische Aspekt der Wiedergabe?

Eindeutig Musikliebhaber. Mein technisches Verständnis ist nicht sonderlich ausgeprägt.

Verfolgen deine Entwicklungen ein klangliches Ideal?

Ja, am Ende müssen sie mir gefallen. Ich mag HiFi schnell, räumlich und direkt.

Sollen HiFi-Komponenten klingen oder dürfen sie nur wiedergeben?

Sie sollen nicht klingen, aber sie können nicht einfach nur wiedergeben. Solange absolute Neutralität, in dem Sinne, dass jegliches Schallereignis in der Reproduktion so klingt wie es ursprünglich produziert wurde, technisch unmöglich ist, sehe ich das ziemlich gelassen. Ich habe ebenso vollstes Verständnis für Musikliebhaber, die sich den Klang ihrer Anlage so hindrehen, dass er ihnen gefällt, wie ich auch mit den „Tonmeistern“ unseres Hobbys fühle, die wie Sisyphos versuchen, zu einem perfekten Ende zu kommen.

Gehört ein abschließender Hörtest zu deiner Entwicklungsarbeit oder genügen dir optimale Messwerte?

Da ich – übrigens nicht aus ideologischen Gründen, sondern aus der Zwangslage technischer Defizite heraus – mit den Ohren entwickle, dienen mir Messwerte lediglich zur ungefähren Kontrolle des Gehörten.

Hast du Vorbilder in deinem Metier?

Die vielen Tausend namenlosen DIY-Lautsprecherbauer, die bisweilen mit viel Leidenschaft großartiges leisten. Im Inneren bin ich immer Punk geblieben und davon überzeugt, dass man mit Herz und Leidenschaft manchmal weiter kommt, als mit industrieller Effizienz und Sparzwang.

Hörst du lieber von analogen oder digitalen Quellen, mit Röhren- oder Transistor-Verstärkern?

Ich höre lieber gute Musik als gute Anlagen und bevorzuge Elektronik, die sich der Musik nicht in den Weg stellt.

Hast du dir je gedacht: Warum habe ich keinen ordentlichen Beruf ergriffen?

Jeden Tag. Andererseits mag ich meinen wechselhaften Lebenslauf auch. Wer weiß, wo er mich noch hinführt?

Was machst du mit all dem Reichtum, den dir deine Entwicklungen eingebracht haben oder einbringen werden?

Einen großen Teil meines bisherigen Gewinns habe ich in eine Streifenkarte des MVV investiert, für den Rest habe ich mir ein Weißbier gegönnt.

Betreibst oder verfolgst du außerhalb deines Berufes etwas mit großer Leidenschaft?

Ja, alles. Ich bin selbsternannter Experte in der Überkultivierung des Alltags.

Welches HiFi-Gerät ist dein unerfüllter Traum?

Es sind so viele, dass ich beim Nachdenken darüber Schwindelgefühle bekomme. Eine LIVE ACT AUDIO 512 könnte mir gut gefallen, aber dafür muss ich zuerst den Ausbau des Westflügels meines Landsitzes fertigstellen.

Welche Faktoren machen ein gutes Gerät aus?

Natürlich muss es gut klingen, zuverlässig und gut verarbeitet sein. Vor allem aber sollte es möglichst kompliziert zu bedienen sein, um sich selbst vor unbefugter Benutzung zu schützen, und es darf nicht im HiFi-Mainstream mitschwimmen. Eigenständiges Design ist wichtiger als glatte Ästhetik.

Was war die letzte technische Innovation im HiFi, die dich beeindruckt hat?

Stereo.

Siehst du größeres Verbesserungspotential in der Elektronik oder Mechanik von HiFi-Geräten?

Unentschlossen. In der Elektronik habe ich manchmal den Eindruck, dass die Entwicklung primär in Richtung Effizienz und Kostenersparnis geht, Ausnahmen bestätigen aber die Regel. Man sollte meinen, mechanisch sei die Entwicklung ziemlich ausgereizt, aber auch hier gibt es immer wieder positive Überraschungen.

Kann es Klangunterschiede zwischen Bauteilen mit identischen Spezifikationen geben?

Definitiv ja. Aus meiner Erfahrung lohnt es sich, Bauteile wie Kondensatoren oder auch Widerstände mit identischen Werten klanglich zu vergleichen.

Beginnt eine gute Wiedergabekette an der Steckdose oder sind die Lautsprecher entscheidend?

Garbage in – garbage out, hat Ivor Tiefenbrun von Linn einst gesagt. Ich denke, da ist was dran. Was man am Anfang verliert, ist unwiederbringlich. Aus vernünftigen Aspekten halte ich dennoch die Paarung Verstärker/Lautsprecher für die wichtigste Weichenstellung einer HiFi-Kette.

Welche Musik hörst du gerne? Hast du ein Lieblings-Album?

Sehr breit gefächert mit wenig Berührungsängsten. Volkstümliches scheidet generell aus und die Verschmelzung von Pop und Schlager in der vergangenen Dekade halte ich für ein Verbrechen gegen die Menschheit. Aber auch ich habe meine Laster, Country and Western zum Beispiel. Mein Alter Ego Agent 00 Soul pflegt eine große Leidenschaft für den Soul und Funk der Sixties and Seventies.

Welches Konzert hast du zuletzt besucht?

Ein Konzert für Kinder von Willy Astor im Innenhof des Deutschen Museums. Es war sehr gut, obwohl die deutschen Texte mich zumeist intellektuell überforderten.

Konntest du jemals einen Bravo-Starschnitt komplettieren?

Ich glaube mich an Nena zu erinnern, allerdings nicht sehr gerne.

Zuletzt angesehen