Interview mit Helmut Biermann (Feinwerkmechanikermeister) - magaudio

Entwickler Interview Helmut Biermann

Hallo Helmut. Kannst du kurz den Werdegang skizzieren, der dich zum HiFi geführt hat?

Ich bin bereits seit meiner frühen Jugend HiFi affin. Habe mir damals bereits von meinem Lehrgeld meine erste Anlage zusammengespart. Das war eine sog. Kompaktanlege, wie sie in den frühen 70ern hochmodern war. Von da an wurde es immer teurer😊.

Bist du Musikliebhaber oder reizt dich ausschließlich der technische Aspekt der Wiedergabe?

Ich bin beides in gleichen Maßen. Ich liebe es, Musik in möglichst hoher Qualität zu genießen und gebe auch der Technik, die dahinter steht größte Aufmerksamkeit. Insbesondere das, was in meinen Händen liegt (Plattenspieler mit allem Drum und Dran).

Verfolgen deine Entwicklungen ein klangliches Ideal?

Ja, das Ideal ist stets das, was sich auf dem Tonträger, bei mir in der Hauptsache Vinyl, befindet. Nicht mehr und nicht weniger. Stimmen und Instrumente müssen authentisch klingen. Es darf nichts fehlen oder gar überzogen wirken. Holz muss nach Holz klingen und Blech nach Blech. Ich muss die Seele der Aufnahme spüren können. Mein klangliches Ideal ist erreicht, wenn ich Musik höre und (aufgrund der gebotenen Qualität) schier nicht mehr aufstehen möchte.

Sollen HiFi-Komponenten klingen oder dürfen sie nur wiedergeben?

Das Ziel von HiFi ist bekanntlich eine möglichst originalgetreue Wiedergabe. Klar, wenn der Bass in den Magen fährt, ist das schon beeindruckend. Aber wenn das im Original so der Fall ist (z.B. Basedrum), dann muss das dann auch bei einer HiFi-Wiedergabe so sein. Doch Klang ist am Ende das, was die Ohrenwahrnehmen und der Kopf daraus macht. Das geht von … bis. Deswegen gibt es auch so viele Hersteller und so viele Geräte mit all ihren Klangfacetten. Klang ist und bleibt individuell und kann keiner strikten Vorgabe folgen. Außer dem original auf der Bühne oder dem Konzertsaal.

Gehört ein abschließender Hörtest zu deiner Entwicklungsarbeit oder genügen dir optimale Messwerte?

Nach einer (im Idealfall) erfolgreichen Konstruktion und Herstellung folgt natürlich die Beurteilung des Ergebnisses. Allem voran der Klang. Messwerte sind das Eine. Die sind hilfreich, wenn man ein Benchmarking betreiben möchte. Aber letztlich entscheidet das Ohr. Das geht oft in eine andere Richtung als es ein mustergültiger Messschrieb vermuten lässt. Ich habe jedoch beim Bau meiner Laufwerke das unabdingbare Ziel verfolgt, keinen Eigenklang zuzulassen.

Hast du Vorbilder in deinem Metier?

Sorry, nein. Mal hat ein Hersteller dies gut gelöst, ein anderer jenes. Alles was ich kenne, war/ist mir zu kompromissbehaftet. Ich möchte die Arbeiten meiner Mitbewerber nicht kritisieren oder gar schmälern. Da sind viele Details gut durchdacht und gekonnt gelöst. Davor habe ich größten Respekt. Aber wenn am Ende des Tages der Kaufmann mit seinem Rotstift das Sagen hat, sieht die Welt danach wieder anders aus.

Hörst du lieber von analogen oder digitalen Quellen, mit Röhren- oder Transistor-Verstärkern?

Ganz klar analog und Röhre. Solange wir Menschen nur analog hören können, wird das die bestmögliche Art der Tondatenspeicherung und Wiedergabe sein. Wenn ein Tonsignal zerhackt, limitiert, komprimiert und am Ende wieder zurück gerechnet und als Musiksignal wiedergegeben wird, ist das Original im Grunde nicht mehr gegeben.

Hast du dir je gedacht: Warum habe ich keinen ordentlichen Beruf ergriffen?

Oh nein, niemals! Ich würde das, was ich gelernt habe, jederzeit wieder lernen. Das erfüllt mich mit so großer Freude und Genugtuung, dass ich mir nichts anderes vorstellen kann. Ich kann mit meiner Ausbildung, meiner Erfahrung und meinem Fachwissen genau das erschaffen, was eine Aufgabe mir vorgibt.

Was machst du mit all dem Reichtum, den dir deine Entwicklungen eingebracht haben oder einbringen werden?

Ha ha, nächste Frage 😊. Ich tue das, was ich mache von ganzem Herzen und aus tiefster Überzeugung. Erlöse sind da sekundär.

Betreibst oder verfolgst du außerhalb deines Berufes etwas mit großer Leidenschaft?

Meine Frau, meine Familie, mein Zuhause sowie gesund und zufrieden über den Tag kommen 😊.

Welches HiFi-Gerät ist dein unerfüllter Traum?

Keins.

Besitzt du Komponenten mit denen du restlos zufrieden bist?

Ja und sorry, wenn ich das so selbstherrlich äußere, aber meine Plattenspieler sind für mich restlos zufriedenstellend. Denn wenn es nicht so wäre, würde ich sie so ändern, dass sie so wären.

Welche Faktoren machen ein gutes Gerät aus?

Perfektion bis ins letzte Detail. Keine sinnlose Materialschlacht und auch kein Guru Guru. Mein Leitsatz: Konstruiere so einfach wie möglich, aber nicht einfacher, als es die perfekte Funktion erfordert.

Was war die letzte technische Innovation im HiFi, die dich beeindruckt hat?

Das kann ich so nicht beantworten. Mich beeindruckt vieles. Ich als Konstrukteur und Hersteller kann hinter die Kulissen blicken und erkennen, wo die Funktion aufhört und die Show anfängt. Das ist ernüchternd.

Siehst du größeres Verbesserungspotential in der Elektronik oder Mechanik von HiFi-Geräten?

Das punktgenaue Zusammenspiel von Elektronik und Mechanik bewirkt die Balance. Es sollte beides nur soweit ausgeführt sein, dass es der eigentlichen Aufgabe, der Perfektion, dient. Heutzutage wird viel Unsinn gemacht, nur weil es sich gut und meist auch teuer verkaufen lässt. Die Hersteller profitieren davon, dass der laienhafte Kunde ihr Blendwerk nicht durchschauen kann.

Kann es Klangunterschiede zwischen Bauteilen mit identischen Spezifikationen geben?

Kein Bauteil ist absolut identisch mit einem anderen. Man muss als Hersteller bestrebt sein, die Abweichungen möglichst gering zu halten. Dann hält sich auch das Ergebnis in engen und akzeptablen Toleranzen.

Beginnt eine gute Wiedergabekette an der Steckdose oder sind die Lautsprecher entscheidend?

Eine gute Wiedergabe fängt beim Original an. Und das, was bei der Wiedergabe in einer HiFi-Kette maßgebend ist, ist der Punkt, an dem der Klang nativ erzeugt wird. Im Falle eines Plattenspielers ist das die Nadel bzw. das Tonabnehmersystem und das, was unmittelbar damit verbunden ist. Entscheidend ist also der Plattenspieler samt Abtastsystem und Phono-Vorstufe, was in diesem Paket das, was die Nadel hergibt, für den Rest der Anlage verwertbar macht. Was man hier versäumt, kann man auch mit noch so guten nachgeschalteten Komponenten nicht ausbügeln.

Welche Musik hörst du gerne? Hast du ein Lieblings-Album?

Am liebsten rockige Klänge. Das war eben die Musik, die mich seit meiner Jugend geprägt hat. Doch ich höre auch andere Sachen. Hauptsache, die Qualität ist hörenswert. Schlager gehören definitiv nicht dazu 😊. Da spielt noch nicht mal einer ein Instrument. Alles kommt vom Computer bzw. Keyboard samt Midi-Files.

Welches Konzert hast du zuletzt besucht?

Battle Beast

Konntest du jemals einen Bravo-Starschnitt komplettieren?

Bravo?😊 Ha ha😊. Guter Witz 😊. Ich habe damals nur „Das Motorrad“ und die „Stereoplay“ verschlungen.

Eigene Ergänzungsfrage: Warum machst Du das, was Du machst?

Weil ich denke, dass ich das ganz gut kann. Und das, was man gut kann, macht man in der Regel auch gerne. Und wenn man etwas gerne macht, wird es meist auch gut.

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