Interview mit Alexander Marcu (Dipl. Designer) – eyed Design

Entwickler Interview Alexander Marcu

Hallo Alex. Kannst du kurz den Werdegang skizzieren, der dich zum HiFi geführt hat?

Auch wenn es sich abgedroschen anhört, begann alles mit der Kompaktanlage meiner Eltern und ein paar ABBA-Platten – damals war ich etwa zehn Jahre alt. Meine Begeisterung für diese Band sollte mir noch Jahre später den Spott meiner Schulfreunde einbringen! Mit 14 besaß ich ein Kassettendeck, dessen Hersteller mir entfallen ist, und einen Vollverstärker von Kenwood. Im Verbund mit selbstgebauten Pyramiden-Lautsprechern war ich damit wunschlos glücklich. In der Folge übernahm ich irgendwann einen Dual CS741Q und ein großes Hitachi-Kassettendeck mit Kalibrierungsautomatik von meinem besten Freund. Erarbeitetes Geld wurde stetig in „besseres“ Equipment investiert. Auch die Autos blieben nicht verschont, die eine Zeit lang die einzige Möglichkeit waren, „vernünftig“ Musik zu hören. Irgendwann führte mich diese Passion auch beruflich zur Gestaltung von HiFi. Es ist etwas anderes, wenn die Emotion bei der Arbeit überdurchschnittlich mitspielt. So durfte ich zahlreiche Produkte für Acoustic Signature, TW Acustic, LIVE ACT AUDIO, mfe, Levar und andere in Form bringen.

Bist du Musikliebhaber oder reizt dich ausschließlich der technische Aspekt der Wiedergabe?

Sowohl als auch. Als Produktdesigner interessieren mich die Geräte natürlich formal wie technisch. Trotzdem packt mich Musik immer in erster Linie emotional. Begonnen mit der (damals nicht so) trivialen Klassenparty, bei der man zu Streisands „I Am A Woman In Love“ Stehblues tanzen konnte, bis hin zu großen Erlebnissen von Live-Konzerten oder klassischen Orchestern. Als Audiophiler versucht man dann, zu Hause diesen Erfahrungen möglichst nah zu kommen, und kann sie doch nie ganz erreichen. Der soziale Aspekt der Musik hat mich ebenfalls begeistert. Sich darüber auszutauschen und sie gemeinsam zu hören, war und ist ein wichtiger Aspekt für mich.

Verfolgen deine Entwicklungen ein klangliches Ideal?

Technisch gesehen kann ich nur wenig beitragen, aber wenn ich ein Gerät höre, das mir klanglich zusagt, dann ist dessen Gestaltung sehr viel authentischer. Und ich schrecke auch nicht davor zurück, mich in die klangliche Abstimmung einzubringen. Während der Arbeit an den Lautsprechern der Emotion Line beispielsweise vermittelte ich den Kontakt zwischen dem Entwickler Nico Germanos und LIVE ACT AUDIO, weil die LAA 115 nicht ganz meinen klanglichen Vorstellungen entsprach. Nico Germanos überarbeitete den Lautsprecher mit überragendem Ergebnis, woraus sich eine enge Zusammenarbeit mit LIVE ACT AUDIO ergab. Die Frage sollte ich eigentlich mit einem deutlichen „Ja“ beantworten.

Sollen HiFi-Komponenten klingen oder dürfen sie nur wiedergeben?

Als Erfahrung aus der Auseinandersetzung mit mittlerweile sehr vielen Geräten, muss ich gestehen, dass die ganz neutrale Wiedergabe mir weniger zusagt. Ein kleines bisschen „Würze“ darf schon dabei sein.

Gehört ein abschließender Hörtest zu deiner Entwicklungsarbeit oder genügen dir optimale Messwerte?

Mich interessiert beides, auch wenn ich für den Klang nicht direkt verantwortlich bin.

Hast du Vorbilder in deinem Metier?

Nein.

Hörst du lieber von analogen oder digitalen Quellen, mit Röhren- oder Transistor-Verstärkern?

Dabei habe ich keine Vorlieben. Ich mag die Mechanik analoger Wiedergabegeräte genauso wie gutes digitales Equipment. Meistens sind Röhren im Spiel.

Hast du dir je gedacht: Warum habe ich keinen ordentlichen Beruf ergriffen?

Nein, nie!

Was machst du mit all dem Reichtum, den dir deine Entwicklungen eingebracht haben oder einbringen werden?

Dadurch konnte ich noch keine Reichtümer anhäufen.

Betreibst oder verfolgst du außerhalb deines Berufes etwas mit großer Leidenschaft?

Natürlich, meine Familie und meine Kinder stehen an erster Stelle. Wenn sie mir Zeit lassen, treibe ich gerne Sport.

Welches HiFi-Gerät ist dein unerfüllter Traum?

Derzeit bin ich sehr zufrieden.

Besitzt du Komponenten mit denen du restlos zufrieden bist?

Klar. Meine LAA 115 zum Beispiel. Dennoch keimt von Zeit zu Zeit der Wunsch nach Experimenten auf. Es ist demnach nie wirklich Stillstand.

Welche Faktoren machen ein gutes Gerät aus?

Betriebssicherheit, intuitive Bedienbarkeit, das gewisse klangliche „Etwas“, ein eigenständiges Design.

Was war die letzte technische Innovation im HiFi, die dich beeindruckt hat?

Dass passive Lautsprecher mit großem Sachverstand doch ordentlich korrigiert werden können. Nico Germanos hat mich gelehrt, dass neueste Computertechnik gepaart mit cleveren Ideen zu Lösungen führen kann, die unkonventionell, aber sehr effizient sind. Eine Innovation im technischen Sinn ist das vielleicht nicht, aber in meinen Augen ist dieser gleichzeitig fundierte wie kreative Ansatz trotzdem sehr innovativ.

Siehst du größeres Verbesserungspotential in der Elektronik oder Mechanik von HiFi-Geräten?

Beiderseits und vor allem in der Verknüpfung dieser Teildisziplinen – eine unkonventionelle Herangehensweise, die auf ausgezeichneter Entwicklungsarbeit basiert, kann zu großen Verbesserungen führen. Entsprechend fähige Köpfe findet man aber selten – das trifft nicht nur auf HiFi zu.

Kann es Klangunterschiede zwischen Bauteilen mit identischen Spezifikationen geben?

Das sehe ich kritisch. Wenn wirklich alle Parameter berücksichtigt werden, sind die (hörbaren) Unterschiede nicht zu identifizieren. Das haben mir auch ein paar Doppel-Blindtests gezeigt. Rein klanglich sind die Unterschiede meistens wesentlich kleiner, als die Differenz, die sie in der Geldbörse hinterlassen. Beim Endverbraucher spielt auch die (vermeintliche) Wirkung edler Materialien eine große Rolle. Aber das gehört alles dazu. Es ist ein Hobby.

Beginnt eine gute Wiedergabekette an der Steckdose oder sind die Lautsprecher entscheidend?

Ganz eindeutig und mit großem Abstand sind die Lautsprecher entscheidend. Abweichende Ansichten kann ich akzeptieren.

Welche Musik hörst du gerne? Hast du ein Lieblings-Album?

Die Bandbreite ist sehr groß: Jazz, RnB, Soul, Hiphop, Klassik. Nachdem ich die ABBA-Phase ohne bleibende Schäden überstanden hatte, haben Depeche Mode meine Jugendzeit geprägt – und sind irgendwie auch seither geblieben.

Welches Konzert hast du zuletzt besucht?

Während einer Familien-Reise in die Toskana, wurden wir in einem Dorf überraschend Zeugen einer Gedenkveranstaltung. Zuerst spielte ein Duo aus Klarinette und Gitarre, abschließend gab Konstantin Wecker ein Lied a cappella zum Besten.

Konntest du jemals einen Bravo-Starschnitt komplettieren?

Nein! Hat mich nie interessiert.

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